Um die Problematik auszuführen, haben wir den folgenden Text aus den „Leistungsvereinbarungen zum Strategischen Ziel Nr. 1“ entnommen.
Am Ende des zweiten Grundschuljahres sollen alle Schülerinnen und Schüler altersgemäße Texte sinnerfassend lesen können.
Ergebnisbezogene Definition des Ziels:
alle Kinder – Damit sind alle Kinder gemeint, die an dem Unterricht in der Klasse 2 teilgenommen haben. Sofern Kinder im Verlauf des zweiten Schuljahres hinzukommen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, muss ein von dem Strategischen Ziel abweichendes individuelles „Teilziel“ von der unterrichtenden Lehrkraft unter Berücksichtigung des jeweiligen Lernstands des Kindes festgelegt werden.
am Ende des zweiten Grundschuljahres – Am Ende der zweiten Klasse soll das Ziel erreicht sein. Zu einem festgelegten Zeitpunkt am Schuljahresende sind entsprechende Evaluationsinstrumente zur Überprüfung des Ziels einzusetzen.
altersgemäße Texte – Dies sind Texte, die dem Erfahrungshorizont und der Erlebniswelt der Kinder entsprechen. Sie sind in Umfang, Wortwahl und Inhalt 7 bis 9-jährigen Kindern angemessen. Dabei ist eine Auswahl verschiedener Textsorten wie z. B. Sachtexte, literarische Texte vorzunehmen.
sinnerfassend lesen – Kinder müssen in der Lage sein, das Gelesene in unterschiedlichen Zusammenhängen wiederzugeben und anzuwenden z. B. im Rahmen von Fragestellungen zum gelesenen Text oder von Transferaufgaben, bei denen das neu erworbene Wissen angewendet wird, z. B. in Bezug auf andere Lesetexte, indem Vergleiche hergestellt werden.
Erschwerende Bedingungen:
Hinsichtlich der Erreichung des Strategischen Ziels bestehen besondere Herausforderungen bei Kindern mit Lernschwierigkeiten. Dazu zählen häufig Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder mit
Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben.
(Zitatende)
Die kindliche Leseentwicklung kann nach Scheerer-Neumann in 7 Phasen unterteilt werden, die untereinander aufbauen. Jede Phase ist durch typische Strategien charakterisiert, die das Kind im Umgang mit Geschriebenem vorwiegend nutzt. Bereits Gelerntes wird in den folgenden Entwicklungsschritt integriert.
Phase 1: präliteral-symbolische Leistungen
Phase 2: logographische Leistungen
Phase 3: logographemische Leistungen
Phase 4: Erste Graphem-Phonem-Korrespondenzen
Phase 5: Vollständiges Synthetisieren
Phase 6: Fortgeschrittenes Lesen
Phase 7: Flüssiges Lesen
Der Übergang von einer Phase zur anderen kann manchmal zu Problemen führen. Diese Stolperstellen im Leselernprozess müssen diagnostiziert und die Schüler durch entsprechendes Übungsmaterial
gefördert werden.
Eine entsprechende Auflistung der Stolperstellen und der sinnvollen Fördermaterialien bietet die folgende Tabelle von einer Fortbildung.
Stolpersteine | Zielsetzung | Förderung |
Schwache Hypothesenbildung: Kind hat Schwierigkeiten, Wort- oder Satzsinn zu antizipieren |
Herausbildung einer aktiven Sinnerwartung auf
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unzureichende Speicherung von abrufbereiten Wortbildern: Kind liest häufig auftretende Funktionswörter noch synthetisierend |
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Schwächen beim Erkennen von Wort-untergliederungen/ synthetisierendes Lesen: Kind wechselt beim Erlesen von langen Wörtern zur Buchstabenebene |
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Mangelnde Sinnerfassung durch zu geringe Lesegeschwindigkeit: Kind liest wortweise abgehackt |
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Lesen wird nicht vom Textinhalt gestützt Kind liest ungenau mit vielen Ersetzungen, Hinzufügungen, Auslassungen von Buchstaben oder Wörtern |
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Mangelnde Sinnschrittgliederung Kind hat Schwierigkeiten, fließend, sinngemäß und verständlich vorzulesen (Satzzeichen werden überlesen, Lesepausen fehlen, keine bzw. falsche Betonung) |
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Seit einigen Jahren arbeiten wir im 1. Schuljahr erfolgreich mit dem Konzept „Lesen durch Schreiben“, das mit einer systematischen Einführung der Buchstaben kombiniert wird.
Die Arbeit nach dem Konzept Lesen durch Schreiben lässt sich zeitlich gesehen in zwei Phasen gliedern, die etwa den beiden Halbjahren entsprechen.
Verschriften
Die Kinder verschriften mit Hilfe der Anlauttabelle Wörter und Sätze. Bei diesem Prozess erwerben sie die Grundfertigkeiten der Analyse und Synthese. Aus dem ständigen Üben der Synthese beim
Schreiben (Vorsprechen, was man schon geschrieben hat), entwickelt sich das Zusammenlesen.
Der Schritt zur Synthese und zum Erlesen von Wörtern vollzieht sich bei jedem Kind zu einem anderen Zeitpunkt.
Ziele:
- Kennenlernen der Phonem-Graphem-Korrespondenzen
- Verständnis des Verschriftungsvorgangs
- Erkennen der Synthese
Diagnose:
Die Verschriftungen der Kinder zeigen deutlich, auf welcher Stufe der Schreibentwicklung sich die Kinder befinden. Schwierigkeiten, die hier deutlich werden, beeinflussen auch den
Leselernprozess.
Förderung: Da der Weg zum Lesen bei dieser Methode über das Schreiben erfolgt, werden die Kinder primär zunächst beim Verschriften (Abhören der Laute) unterstützt.
Vorteilhaft ist, dass der Ansatz in sich sehr differenziert ist. Jedes Kind arbeitet auf seinem individuellen Niveau. Während ein Kind noch übt, Laute aus einem Wort herauszuhören, schreibt ein
anderes ganze Sätze oder fängt an zu lesen.
Arbeit mit Buchstaben
Die Buchstaben werden einzeln eingeführt und geübt. Sie sollen geschrieben, im Wort abgehört und visuell wiedererkannt werden. Mit der Zeit kommen auch Buchstabenkombinationen bzw. Wortanfänge
hinzu.
Ziele:
- Sicherung der Buchstabenkenntnis
- „Erlesen“ von Anlauten, Wortanfängen
Diagnose:
Tests zur Überprüfung der Buchstabenkenntnis, bzw. zum Erkennen von Wortanfängen
Förderung:
Übungen zur Buchstabenkenntnis (visuelle und akustische Differenzierung), Übungen zur Zuordnung von Wortanfängen.
Antizipation
Ständige Übung des antizipierenden Lesens. Wie könnte das Wort heißen? Hierfür müssen die Kinder ihr gesamtes Vorwissen aktivieren. In welchem Zusammenhang steht das Wort? Welche Buchstaben kenne ich
schon? (Ein Wort, das mit B anfängt, kann nicht Auto heißen.) Wie lang ist das Wort?
Ziele:
- Bedeutung des semantischen Kontexts beim Lesen erfahren
- Übung der Antizipation
Diagnose:
Beobachtungen im Unterricht
Förderung:
Auch hier arbeiten die Kinder auf individuell unterschiedlichem Niveau. Während einige Kinder über einzelne Wörter nachdenken, können andere schon Sätze lesen.
Etwa nach Ende des 1. Halbjahres sind die meisten Kinder in der Lage, Wörter zu synthetisieren und es beginnt eine Reihe von Leseübungen im Unterricht, welche die Lesefähigkeit weiter schulen sollen:
Ziele:
Förderung des sinnerfassenden + antizipierenden Lesens
Förderung:
Übungen wie oben beschrieben